Das Thema „Beweglichkeitstraining“ oder auch „Mobility-Training“ taucht immer häufiger in der Fitness-Szene auf. Doch was ist Mobility überhaupt? Welche Relevanz hat das Beweglichkeistraining für das Krafttraining und wann und wie führe ich es am besten aus?
Warum es Sinn macht sich intensiv mit dem Thema „Beweglichkeitstraining“ und „Mobility“ zu beschäftigen erfährst Du im folgenden Artikel.
Was ist Beweglichkeitstraining?
Laut Definition bezeichnet Beweglichkeitstraining die gezielte und strukturierte (=planmäßige) Verbesserung der Beweglichkeit. Hierbei sollten wir verschiedene Formen des Beweglichkeitstraining beachten. Wir sollten zu allererst den Unterschied zwischen aktiver und passiver Beweglichkeit verstehen.
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Der Unterschied zwischen aktiver und passiver Beweglichkeit
Als „aktive Beweglichkeit“ verstehen wir die Fähigkeit durch Muskelkontraktion eine Gelenkstellung ohne Schwung einnehmen zu können. Wir können also als aktive Beweglichkeit beispielsweise den Bewegungsradius beim geraden Anheben des Beines bezeichnen.
Die passive Beweglichkeit bezeichnet die Fähigkeit, eine größtmögliche Gelenkstellung unter Hinzunahme von externen Kräften (Schwerkraft, Partnerhilfe, Trainingsgerät) einzunehmen. Als Beispiel kann hier zum Beispiel ein Stretch der Brustmuskulatur gelten, bei dem ich meinen Arm gegen einen Türrahmen drücke und meinen Körper wegdrehe. Der Türrahmen gilt hier als die beschriebene „externe“ Kraft.
Die passive Beweglichkeit ist bei fast allen Kraftsportlern etwas größer als die aktive Beweglichkeit. Ziel sollte es sein die aktive Beweglichkeit so nahe wie möglich an die passive Beweglichkeit anzunähern. Ist die passive Beweglichkeit nämlich deutlich besser als die aktive Beweglichkeit, so können Gelenke bei der Ausführung von Bewegungen mit großer Schwingungsweite nicht optimal stabilisiert werden.
Ist im Gegensatz die aktive Beweglichkeit deutlich besser als die passive Beweglichkeit, so kann es zu Verletzungen der Muskulatur und Bänderstrukturen aufgrund von zu schnell einsetzender Schutzspannung kommen. Gerade als Kraftsportler und im Bodybuilding sollten beiden Formen der Beweglichkeit trainiert werden.
Die verschiedenen Formen des Beweglichkeits-Training
Wir können zwischen zwei Formen des Beweglichkeitstrainings unterscheiden. Beide Formen haben ihre Daseinsberechtigung und sollten in einem durchdachten Trainingsplan zu finden sein.
Flexibility-Training
Flexibility-Training (auch „Dehnen“ oder „Stretching“ genannt) ist die Verlängerung von verkürzten und verhärteten Muskeln durch verschiedene Dehnmethoden. Hierbei wird eine Endposition eingenommen um einen Dehn-Reiz zu erzeugen. Dabei verbessern wir vorrangig unsere „passive Beweglichkeit“. Ein Beispiel für eine klassische Dehnübung ist der oben beschriebene Stretch der Brustmuskulatur im Türrahmen.
Mobility-Training
Das Mobility-Training ist ein bewegungsgestützter Ansatz, der ganzheitlich alle Bereiche anspricht, welche Beweglichkeitseinschränkungen zur Folge haben können. Folgende Faktoren spielen dabei eine Rolle: Eingeschränkte Gelenksbeweglichkeit, neuronale Schwächen bzw. fehlerhafte Ansteuerung, motorische Einschränkungen, Dysbalancen und viele mehr. Hierbei wird mit Bewegungen rund um unsere Gelenke gearbeitet, um eine größtmögliche Bandbreite an Einschränkungen zu beseitigen.
Dabei arbeiten wir sehr nahe an den Bewegungen, die wir verbessern wollen. Das Mobility-Training ist demnach das „alltagsnahe“ und „trainingsnahe“ Beweglichkeitstraining. Mit diesem Training verbessern wir überwiegend unsere „aktive Beweglichkeit“. Eine typische Mobilisationsübung ist zum Beispiel die Rotation der Wirbelsäule oder das Sitzen in der tiefen Hocke mit lockerer Bewegung.
Wie wichtig ist das Beweglichkeitstraining?
Die Verbesserung der Beweglichkeit sollten aus zwei Gründen erfolgen: Verletzungsprophylaxe und Steigerung der Leistungsfähigkeit.
Meiner Meinung nach ist die Verletzungsprophylaxe etwas wichtiger zu bewerten als die Leistungssteigerung. Denn eines ist sicher: Verletzungen können deinen Trainingsfortschritt um Wochen, ja sogar Monate zurückwerfen. Bist du verletzt, so kannst du weder dein Training noch deinen Alltag meistern.
Auch für die Leistungsfähigkeit spielt die Beweglichkeit eine entscheidende Rolle. Sofern du keine Beweglichkeitseinschränkungen hast, kannst du Bewegungen präziser und dynamischer ausführen. Dies macht dich zu einem besseren Kraftsportler.
Beweglichkeit erfüllt keinen Selbstzweck. Ich pflege zu sagen: „Ich kann keinen Spagat. Aber bisher bin ich im Leben auch noch nie an den Punkt gekommen, an dem ich gedacht habe: Jetzt fehlt mir nur noch ein Spagat.“
Man trainiert die Beweglichkeit nicht, weil man andere beeindrucken will oder weil es „sexy“ ist. Das Training der Beweglichkeit ist alles andere als sexy. Aber es hält unseren Körper trotz intensivem Training im Gleichgewicht. Es sorgt für ein reibungsloses Training und für eine bessere Regeneration. Dysbalancen, also muskuläres Ungleichgewicht im Körper, können durch Beweglichkeitstraining vermieden oder, schon etabliert, behoben werden.
Wer beweglich ist besitzt zudem meist eine bessere Körperhaltung, einem Haltungsfehler wird vorgebeugt. Dies wiederum verbessert die Fähigkeit zu atmen, da unsere Atemhilfsmuskulatur frei arbeiten kann. Und wer freier atmen kann, der wird zwangsläufig mehr Leistung bringen können. Die aufrechte Körperhaltung lässt uns zudem selbstbewusster und größer wirken. Wir sehen vitaler aus. So hat Beweglichkeitstraining auch einen ästhetischen Aspekt.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für Beweglichkeitstraining
Lange Zeit wurde das Training der Beweglichkeit vor dem eigentlichen Training als schädlich angesehen. Man muss hierbei allerdings klar nach unseren bereits bekannten Formen des Beweglichkeitstrainings unterscheiden: Während das Flexibilitäts-Training, also das Stretching oder passive Dehnen, tatsächlich zu Leistungseinbußen führen kann, so hilft uns das Mobility-Training beim Erreichen unserer Ziele.
Dies liegt vor allem daran, dass wir mit einer erweiterten Beweglichkeit die bevorstehenden Übungen physiologisch korrekt und mit dem größtmöglichen Bewegungsradius ausführen können. Trainieren wir frei von steifen, unbeweglichen Gelenken oder schmerzhaften Muskelverhärtungen, so trainieren wir verletzungsfrei und können unser Training über Wochen, Monate und sogar Jahre mit konstantem Einsatz fortführen.
Übungen, welche die bevorstehenden Bewegungen simulieren und unsere „Range of Motion“ verbessern, helfen uns vor dem Workout auf Betriebstemperatur zu kommen. Hier kommen die erwähnten „Mobility-Übungen“ ins Spiel.
Wie sieht es nach dem Training aus?
Hier können Mobility- wie auch Flexibilitäts – Übungen ausgewählt und eingebaut werden. Nach einem intensiven Krafttraining sollte allerdings nicht maximal in die Endposition gedehnt werden, um keine zu heftigen Muskelverletzungen herauf zu beschwören. An trainingsfreien Tagen sollte nach Möglichkeit ausgiebig gedehnt und mobilisiert werden, um langfristig beweglich und gesund zu bleiben. Denke immer daran:
Bist du gesund, kannst du trainieren = konstanter Trainingsfortschritt
Bist du verletzt, kannst du nicht trainieren = Trainingsrückstand
Wie sollte ich mein Beweglichkeitstraining aufbauen?
Die berechtigte Frage ist nun: Wie lange sollte ich denn nun meine Übungen ausführen? Wie viele Übungen soll ich absolvieren? Wie oft pro Woche sollte ich an meiner Beweglichkeit arbeiten??
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass bei klassischen Dehnübungen eine Haltedauer von bis zu zwei Minuten durchaus sinnvoll ist, um eine strukturelle Veränderung im Gewebe zu erreichen. Mobility-Übungen können auch länger andauern, können aber auch schon nach 30 Sekunden positive Veränderungen im Körper hervorrufen.
Diese sind dann oftmals neuronal und sorgen für einen reibungslosen Ablauf der kommenden Bewegungen. Hier solltest du auf deinen Körper hören. Die Übungen solltest du nach deinem Bedarf auswählen und die Dauer nach eigenem Empfinden anpassen. Dein Hüfte fühlt sich steif an? Dann arbeite an der Hüftstreckung und -Beugung. Du merkst nach einer Minute, dass die Spannung langsam nachlässt? Dann arbeite weiter mit dieser Übung und löse die Spannung weiter auf.
Deine Waden sind zu? Dann arbeite mit lockeren Dehnübungen daran, bis du eine deutliche Verbesserung der Spannung in den Waden spürst.
Zur Frage: „Wie oft sollte ich Mobilisieren/Dehnen?“ Vielleicht hast du schon mal folgenden Spruch gehört: „Sitzen ist das neue Rauchen.“ Jeden Tag sitzen wir zwischen 10-14 Stunden (oder länger). Nehmen wir die liegende Position mit hinzu (Hüfte ist ebenfalls gebeugt, der Rücken eingerundet), so sind es meist noch deutlich mehr. Als Ausgleich müsste man demnach genau so viel Beweglichkeitstraining machen. Natürlich ist das nicht möglich. Eine von mir aufgestellte Regel kann dir aber schon extreme Vorteile bringen:
Pro halbe Stunde Training: 1 Min. Beweglichkeitstraining
Pro Stunde Sitzen: 1 Min. Beweglichkeitstraining.
Mobility-Übungen für Kraftsportler
Im Folgenden zeige ich dir exemplarisch zwei Übungsreihen, welche zur Verbesserung der allgemeinen Beweglichkeit dienen. Diese Übungsreihen können speziell von Kraftsportlern vor- und nach dem Training absolviert werden. Die Videos sind sehr ausführlich. Nimm dir die Zeit und schau sie dir komplett an.
Übungsreihe 1: Verbesserung der Kniebeuge
Übungsreihe 2: Verbesserung der Überkopf-Position
Buchempfehlungen zum Thema Beweglichkeit
- Starrett, Kelly (Autor)
Fazit
Mobility- wie auch Flexibilitätstraining kann einen großen Mehrwert für dein Training darstellen. Es bereitet dich optimal auf die bevorstehende Einheit vor, sorgt für eine Verringerung der Verletzungswahrscheinlichkeit und verbessert insgesamt deine Haltung. Selbst minimaler Aufwand kann hier schon zu tollen Ergebnissen führen. Bleib geschmeidig!
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