Jedem ernsthaft Trainierenden und jedem Wettkampfsportler wird bewusst sein, dass ohne den nötigen Fokus, Ehrgeiz und Einstimmung auf eine Einheit oder einen Wettkampf keine gute Leistung möglich ist. Jeder wird sich an Einheiten erinnern, in denen man buchstäblich mit den Gedanken wo anders war und man daher nicht über sich hinauswachsen konnte.

Von daher werde ich euch nichts Neues hier erzählen, wenn ich in meinem neuen Artikel thematisiere, dass ohne mentalen Fokus kein Fortschritt und keine Bestleistungen möglich sind. Ich möchte hier meine Eindrücke und Meinungen zusammenfassen, in denen sich sicher Viele wiederfinden werden, andere vielleicht aber auch eigenen Verbesserungsbedarf erkennen werden können.

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Allgemeine Fokussierung im Leben

Ich will zunächst weiter ausholen und behaupten, dass die direkte Fokussierung auf eine Einheit oder einen Wettkampf noch früher beginnt, nämlich mit der generellen Fokussierung, die im Leben für den Sport aufgebracht wird. Für den einen ist es nur ein Hobby, das er ab und zu ausübt und das er neben weiteren Aktivitäten wahrnimmt. Hier wird man oft hören „Ich kann heute nicht, ich muss noch dies oder das machen“ oder „Nein heute habe ich keine Lust auf Training“. Die Fortschritte dieser Menschen werden gering sein behaupte ich, hier liegt zu Grunde, dass der Sport keinen hohen Stellenwert besitzt. Für den erfolgreichen Athleten oder ambitionierten Trainierenden ist klar, dass wenn nicht gravierende Gründe dazwischen kommen (insbesondere Krankheit) das Training wahrgenommen wird. Man weiß schon beim Aufstehen, dass heute beispielsweise Bankdrücken auf dem Plan steht und man denkt den Tag über an die Trainingseinheit, die noch vor einem steht. Ich behaupte, ich kann in einem Studio am Auftreten und dem Blick der Leute erkennen, wer zu den fokussierten Trainierenden gehört und wer nicht. Wer ernsthaft vorankommen möchte muss sich in meinen Augen klar sein (oder werden), dass nur bei allgemeiner Fokussierung ein Erfolg in dem Sport möglich sein wird. Dazu bedarf es einer vernünftigen Tagesplanung, das Training sollte zeitlich so geplant sein, dass es auch wirklich konzentriert wahrgenommen wird.

Direkter Fokus auf eine Einheit

Ambitionierte Trainierende zeichnen sich meiner Meinung und Erfahrung durch feste Abläufe und Methoden aus. Keiner dieser Athleten würde mit der Vorstellung „mal gucken was ich heute mache“ ins Training gehen, nein es ist klar was heute laufen soll. Man weiß, welche Klamotten man tragen möchte und welches Equipment man benötigt, die Tasche ist korrekt bepackt und man hat nicht die Hälfte zu Hause vergessen. Bei den fokussierten Athleten sind meiner Erfahrung nach auch feste Rituale und Vorgehensweisen zu erkennen. Das erkennt man bereits beim Aufwärmen, da hier die Athleten zumeist ihr individuelles Aufwärmprogramm haben und dies durchziehen. Bei einem Trainingspartner von mir sind z.B. immer die selben Dehn- und Durchblutungsübungen zu sehen, er hat seine feste Routine und braucht diese um auch um sich „mental aufzuwärmen“. Auch danach bei den Übungen erkennt man die individuellen Vorgehensweisen bei den Gewichtssteigerungen und der Trainingsgestaltung. Eine solche Aufwärmroutine empfehle ich auch jedem Athleten, da es nicht nur den Körper, sondern auch den Geist „erwärmt“ und man sich mental auf die kommende Belastung einstimmt. Hier kann auch Musik hilfreich sein, ich denke, dass viele Athleten ihre Lieblingsmusik für das Training haben und das halte ich auch für extrem sinnvoll.

Lockerheit oder Anspannung?

Mentaler Fokus im Training und Wettkampf Gerade bei Wettkämpfen sieht man die unterschiedlichen Herangehensweisen, was die Stimmung und den damit verbundenen mentalen Fokus angeht. Der eine Athlet zeigt sich sehr verbissen und in sich gekehrt, während der andere locker und fröhlich daherkommt. Hier ist jeder sicherlich anders, ich persönlich bin eher der lockere Typ, der sich bei Training und Wettkampf zwischendurch unterhalten kann und insgesamt eher (nach außen wirkend) entspannt drauf ist. Gerade diese Lockerheit ist in meinen Augen zielführender, da ich so eine positive Grundeinstellung an den Tag legen kann und ich mit guter Laune mehr Energie und Kraft freilegen kann. Geht es an einen Versuch selbst ist es jedoch meiner Meinung nach sehr wichtig, dass man nichts mehr um sich herum wahrnimmt, der volle Fokus muss dem Versuch gelten. Und das meine ich wirklich ernst, man sollte meiner Ansicht nach im Wettkampf hinterher niemals wissen, wer vor einem im Publikum gesessen hat oder was sich dort abgespielt hat. Ich schaue mir zum Teil Videos von meinen Wettkampfversuchen an und wundere mich über die komische Musik, die bei meinem Versuch lief. Ich denke, dass die Athleten, die genau diese mentale Stärke besitzen, erfolgreicher sein können als diese, die nicht so wie beschrieben fokussiert sind. Ich schaffe es übrigens nicht immer, völlig fokussiert zu sein. Bei meinen schlechteren Wettkämpfen habe ich dann hinterher immer gesagt, dass ich „heute eine mentale Schwäche hatte“, da ich einfach nicht richtig fokussiert war.

Mentales Training

Fraglich ist, wie man als Athlet die eigene Fokussierung und damit mentale Stärke verbessern kann. Vieles hängt in meinen Augen von der grundsätzlichen Lebenseinstellung ab, wie hoch der Stellenwert des Trainings im Leben ist und wie ernsthaft man die Einheiten angeht. Mit der Zeit gewinnt man an Erfahrung und Routine und gewinnt sicherlich eine gewisse Coolness in Hinblick auf Wettkämpfe. Ein mit mir befreundeter bekannter und erfolgreicher Athlet sagte vor einigen Wochen bei einem Wettkampf zu mir „business as usual“. Dennoch konnte ich bei ihm eine hohe Grundanspannung und starke Fokussierung deutlich bemerken. Dieser Athlet hat bereits über 20 Jahre Wettkampferfahrung auf internationalem Niveau und war dennoch noch sehr angespannt. Dies war er wohl kaum aus fehlender Erfahrung, sondern vielmehr auf Grund einer hohen mentalen Stärke und hohen Fähigkeiten was die mentale Fokussierung angeht.

Nichts desto trotz gibt es sicherlich Möglichkeiten des mentalen Trainings auch für weniger erfahrenere Athleten. Ich war selbst erst einmal bei einem Trainer, der mich mental trainiert hat. Hier haben wir im Rahmen einer Hypnose einen guten Wettkampf von mir nachbereitet, in dem der Trainer versucht hat, mich mental wieder in die Stimmung auf diesem Wettkampf zu versetzen. Dann wurde bei mir ein „Anker“ gesetzt, durch den ich mich wieder in diese Stimmung versetzen können soll. Ein „Anker“ kann vor Allem eine Berührung sein, z.B. am Ellenbogen- oder Handgelenk. Ein „Anker“ oder zumindest eine Hilfe kann auch bestimmte Musik oder ein bestimmter Song sein. Im Wettkampf kann man nicht immer erwarten, dass dieser laut läuft, aber ggf. kann man ihn kurz vor dem Versuch über Handy oder MP3-Player anhören.

Ich denke, dass dieser Ansatz für Athleten großes Potential birgt. Sich selbst wieder in die Stimmung eines erfolgreichen Wettkampfs zu bringen erscheint mit ein sehr guter Ansatz. Die Wenigsten werden einen Mentaltrainer aufsuchen, aber ich denke dass jeder auch individuell diesen Ansatz verfolgen kann. Man erinnert sich an gute Wettkämpfe oder Trainingseinheiten, versucht die eigene Stimmung zu rekonstruieren und verfolgt in Zukunft möglichst diese Vorgehensweise. Ich glaube zwar, dass sich bei jedem die mentale Komponente unterschiedlich stark auf die Gesamtleistung ausprägt, aber selbst wenn es nur minimal hilft kann dies doch sicherlich einmal über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Von daher bin ich der Meinung, dass der mentale Fokus sehr wichtig ist und den Siegeswillen in Höchstmaßen beeinflussen kann. Ich empfehle jedem Athleten die eigene Vorgehensweise zu reflektieren. Wann ist etwas gut gelaufen und wie waren da die Gesamtumstände? Soweit möglich sollte man dann versuchen, diese Umstände wieder herzustellen und sich so mental in die Situation hoher Leistungsfähigkeit rein zu versetzen.