Fehler im Training, sei es die falsche Ausführung oder schlechte Planung oder Vorbereitung sind nicht selten. Der aufmerksame Leser wird ein paar der folgenden Punkte beim Krafttraining sicherlich schon einmal gesehen haben, war sich über die „Problematik“ dahinter aber sicherlich nicht immer bewusst. Da es fast „ jeder so macht muss es ja zwangsläufig richtig sein“, ist ein Motto, dem recht viele folgen. Da dem zumeist nicht der Fall ist, habe ich mir 5 sehr häufig vorkommende Fehler im Training zur Brust genommen und erkläre, wie man diese vermeidet.
So könnt ihr auch euren Trainingspartner und den stretchwütigen Trainer in eurem Gym überzeugen. Sollten dennoch Unklarheiten bestehen, freuen wir uns im Forum gerne über eure Fragen und Anregungen. Viel Spaß!
(1) Anziehen des Fußes beim dehnen der Beinbeuger
Einer der Fehler im Training, den man auch ohne genaueres hinsehen in der Fitnesswelt wahrscheinlich am häufigsten sieht und deshalb auch an erster Stelle steht.
Die Rede ist vom „Hochziehen des Fußes, beim Dehnen der Beinrückseite mit gestrecktem Knie“. Das wohl bekannteste Beispiel, ist der Läufer, der in der Mitte von seinem Lauf an einer Bank anhält, die Ferse auf selbige auflegt, das Knie durchstreckt, (schließlich sorgen ja die meisten Muskeln auf der Beinrückseite auch für eine Kniebeugung), und dann mit der Hand auch noch versucht die Zehen zum Körper zu ziehen. Somit erreichen wir eine Dehnung der hinteren Oberschenkel- und Unterschenkelmuskeln und das mit nur einer Übung! Würde sich super anhören, wäre da nicht der N. Ischiadicus der mit seinen Ausläufern als einzige Struktur vom Lendenbereich bis zum Fuß verläuft. Somit wird bei dieser Übung vielmehr am Nerv als an irgendwelchen Muskeln gezogen. Was sich meist in einem sehr unangenehmen Schmerz äußert.
Besser wäre es die Knie leicht zu beugen. Dadurch dehnt man gezielter die Oberschenkelrückseite, was sich in der Regel in einem angenehmeren Ziehen vor allem im oberen Bereich des Oberschenkels äußert. Selbiges gilt, wenn man im Stand die Finger zum Boden bringt. Eher die Knie leicht beugen, dadurch den Nerv entspannen und eine gezielte Dehnung auf die OS-Rückseite bringen.
Übrigens: Jede Dehnung der Beinbeuger, die ihr in – oder nahe der Kniekehle spürt, dehnt nicht die Muskulatur sondern die Sehnen oder ev. sogar die Kniegelenkskapsel, was im Normalfall nicht erwünscht ist.
Eine wirklich Gute Erklärung der Übungen für die OS und US Rückseite und zum dehnen allgemein findet ihr in folgendem Video unseres Moderators Wursti. (Die ersten 2 Übungen).
(2) Statisches Dehnen vor dem Sport
Statisches Dehnen, oder auch „Stretching“ im englischen, bezeichnet das längere Verharren in einer Dehnposition. Hat für mich vor dem Training wenig, bis gar keinen Sinn. Dies hat mehrere Gründe…
Grund 1: Generell verfolgt man durch dehnen (egal welche Art von dehnen) meist eine größere Beweglichkeit von Gelenken (durch eine Tonussenkung der Muskulatur) oder lediglich eine Tonussenkung der Muskulatur bspw. bei verspannten Muskeln. Nun beabsichtigt man jedoch nach dem dehnen Sport zu treiben, Sport bedeutet allerdings, eine möglichst hohe Aktivität der Muskulatur und des ZNS (zentrales Nervensystem), um wiederum eine möglichst hohe Leistung abrufen zu können. Senke ich also kurz vor dem Sport den Tonus der Muskulatur ist die Leistung die ich danach abrufen kann natürlich geringer.
Grund 2: Im Kapsel-Band Apparat und den Sehnen der Muskeln gibt es bestimmte Rezeptoren die die jeweilige Struktur vor zu starkem Zug, sprich einem reissen selbiger, schützt. Durch statisches Dehnen wird die Erregbarkeit dieser Rezeptoren gesenkt. Logischerweise greift der Schutzmechanismus nach statischem dehnen erst später. Im schlimmsten Falle eben zu spät. Die Folge; eine Verletzung.
(3) häufiger Fehler im Training: fehlendes, gezieltes Aufwärmen
Wenn ihr euch, als gesundheitsbewusster Leser, vor eurem Preha-/Reha- oder eigentlichem Trainingsplan aufwärmt, gehört ihr schon zu der „vernünftigeren Hälfte“. Dann gibt es einmal diejenigen die 10min auf dem Crosstrainer verbringen,dadurch leicht ins Schwitzen kommen, (schließlich ist der Kreislauf ja nun auf Touren) und dann direkt loslegen. Das ist an sich schon mal nicht schlecht, geht jedoch besser.
Man sollte beim Aufwärmen dafür sorgen, dass das Gewebe welches im Anschluss gezielt beansprucht wird auch gut durchblutet und durch bewegt wird. So empfehlen sich vor dem Sport 1-2 „Mobility Drills“ (zu Deutsch: „Beweglichkeits Übungen“) für die großen Gelenke, um einmal, das Gewebe auf die kommende Belastung gerecht vor zu bereiten. Andererseits um das volle Bewegungsausmaß der Gelenke mit den folgenden Übungen auszuschöpfen. Davon kann einmal die Technik profitieren, (bspw. Kreuzheben mit geradem Rücken durch eine bessere Hüftbeweglichkeit) und zusätzlich „lernt“ der Körper das ganze Bewegungsausmaß auch im Alltag zu nutzen.
Im Kraftsport wären außerdem noch ein paar „Aufwärmsätze“ mit geringerem Gewicht angebracht. (Was von den meisten Praktiziert wird!) Im „Crossfit Training“ empfehlen sich ein paar Wiederholungen mit einer einfacheren Ausführung oder ein paar leichte BWEs (Übungen mit dem eigenen Körpergewicht).
Bei gezieltem Techniktraining bei dem bestimmte Körperbereiche für lange Zeit und vermehrt beansprucht werden, sollte die Aufwärmphase entsprechend länger und intensiver ausfallen. Ganz einfach um Verletzungen oder Fehlbelastungen zu vermeiden.
(4) Aus- bzw. durchhängen bei Klimmzügen
„Aus- bzw. durchhängen bei Klimmzügen“ muss erstmal vom ruhigen passiven Hängen unterschieden werden. Letzteres kann bei fortgeschrittenen Athleten in sinnvollen Abständen durchaus eingesetzt werden. Eine gesunde, stabile und bewegliche Schulter vorausgesetzt.
Der Unterschied zum aus- bzw. durchhängen beim Klimmzug besteht darin, dass wir eine Abwärtsbewegung haben. Ist diese noch nicht komplett abgeschlossen und wir relaxieren unsere Muskeln, erzeugen wir für eine kurze Zeit eine Art „freien Fall“ unseres Körpers. Dieser muss durch unsere passiven Strukturen (Kapsel und Bänder) aufgefangen werden. Passiert dies einmal, können das die jeweiligen Strukturen meist problemlos wegstecken. Doch wie so oft gilt, „die Dosis macht das Gift“. Nehmen wir an, man trainiert zwei mal die Woche Klimmzüge mit 3 Sätzen á 8wdh, erzeugt man schon 48 mal einen kleinen Fall, den die passiven Strukturen auffangen müssen und jedes mal aufs neue reizt. Auf Dauer sind Schmerzen und Schulterprobleme vorprogrammiert. Hinzu kommt, dass der Fall bei steigender Ermüdung meist größer wird und der Stress auf die Strukturen zunimmt.
Somit sollte man bei Klimmzügen auf ein kontrolliertes ablassen (Exzentrik) speziell im unteren drittel der Ausführung achten! Neben der Schultergesundheit sorgt dies außerdem für eine höhere „Time under Tension“, sprich eine größere Mikrotraumatisierung was sich positiv auf die Hypertrophie auswirkt. Vermeidet diesen Fehler im Training von Klimmzügen und auch Inverted Rows und ihr profitiert doppelt!
(5) Nackendrücken
Nackendrücken und auch Klimmzüge in den Nacken verlangen von unseren Schultern einiges ab. Diese Art von Bewegung erfordert ein hohes Maß an Mobilität vor allem in Außenrotation. Außerdem will diese Position natürlich gut Stabilisiert sein, was gut trainierte Schulterstabilisatoren benötigt. Durch Trainingsdysbalancen ist dies oft nicht der Fall. Die Innenrotatoren der Schulter sind schon von Natur aus die dominantere Muskelgruppe und das „Rotatorentraining“ (primär Training der Außenrotatoren) wird von vielen oft als „nicht-so-wichtig“ angesehen, was Dysbalancen noch begünstigt. Kommt nun, oh wunder, noch eine Last hinzu die man Überkopf drücken will, erzeugt dies unnötigen Stress. So muss die Muskulatur bei mangelnder Beweglichkeit in einer ungewohnten und ungünstigen Position arbeiten. Dadurch haben wir einmal eine Kompensation anderer Muskeln, was zu Verspannungen führen kann und auch die passiven Strukturen werden wieder vermehrt beansprucht. Da die Brustwirbelsäule die Beweglichkeit kompensieren muss wird noch einer der wichtigsten Strukturen, die Wirbelsäule, in unserem Körper falsch belastet.
Diese Übung vermag zwar die hintere Schulter und den Nacken gut zu belasten und sieht dabei auch noch cool aus, sollte aber sehr dosiert eingesetzt werden. Kein direkter Fehler im Training, aber eine Übung die man durchaus mit Vorsicht genießen sollte. Die genannten Muskelpartien lassen sich nämlich durch andere Übungen genauso effektiv trainieren, ohne die Schulter unnötig zu stressen.
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