Die Muscle-Mind Connection zu deutsch ‚Muskel-Geist-Verbindung‚, die Visualisierungsfähigkeit und Willensstärke, Grundlage im Bodybuilding. Bereits vor 1,2 Jahren schnitt ich das Thema kurz in einigen meiner Kolumnen an und will die Thematik in diesem Artikel, u.a. weil die wirkliche Bedeutung den wenigsten klar ist, erneut aufgreifen.
Man kann sie nicht sehen, anfassen oder relevant messen – die Stärke des Geistes, der Gedanken und unsere Visualisierungsfähigkeit, essentiell im Muskelaufbau. Dennoch ist dies zusammengefasst im „Geist“ eines unserer stärksten Werkzeuge im Leben.
Einfluss auf das Training nehmen
- Münchhausen, Marco von (Autor)
Physiologisch gesehen veranlasst schon der bloße Gedanke an eine Übung bzw. deren Ausführung (vorab Visualisierung des Bewegungsablaufes) eine selektive Durchblutungssteigerung in den Muskeln, die primär bei der Übung involviert werden [1].
Schon allein diese Tatsache zeigt uns die Kraft und das Potential unserer Gedanken, weshalb es nicht verkehrt ist, sich vor komplexeren Übungen wie z.B. Kreuzheben vorzustellen wie man das Gewicht explosiv und mit kerzengeradem Rücken nach hinten oben zieht. Schlagworte wie „explosiv“, „hinten, oben“ und „kerzengerader Rücken“ wirken zusätzlich verstärkend wenn man sie gedanklich zum Bewegungsablauf hinzu ergänzt.
Auch die Willenskraft ansich und unser Unterbewusstsein können Einfluss auf die Effektivität unseres Trainings und dessen Wirkung nehmen: Ronny Coleman ist mit seinem „Light Weight“ ein zwar witziges und gern zitiertes Beispiel, grundsätzlich steckt aber Strategie dahinter.
Sage ich mir selbst über eine Last das sie schwer ist, dass das Bewegen dieser Schmerzen bereiten wird und ich solch ein Gewicht eigentlich gar nicht ohne Abweichungen in Technik und Performance bewegen kann, dann ist das Gewicht auch subjektiv schwer, schmerzhaft und ich habe meine Not, es vernünftig zu stabilisieren.
Gehe ich positiv ran, visualisiere die Bewegung, sage mir, dass es so schwer gar nicht ist (sind ja nur 5 kg mehr als letzte Woche, was macht das schon aus), dann wird es mir leichter fallen es zu bewegen und am Ende kommen 1,2 Wiederholungen. mehr bei raus, wo wir schon beim nächsten Aspekt wären – die Wiederholungszahl:
Don´t count reps! Ich sags immer wieder – es limitiert. Progression hin oder her, Wiederholungen sind nur einer von hunderten Faktoren um den Fortschritt zu befriedigen. Ich rufe auch nicht dazu auf jetzt völligst auf das zählen zu verzichten, jedoch sollte man lernen sich nicht darauf zu versteifen und seine gedanklichen Prioritäten auf Wichtigeres zu verschieben.
„Letzte Woche 9 wdh mit 112,5 kg, dann müssen heute 10 gehen“, Übung gestartet, 7. rep, 8.rep und nun wird’s heftig.
Der Druck der Psyche wächst und ich konzentriere mich jetzt darauf zu zählen, meine Lippen bewegen sich beim stummen Sprechen der Nummer und mein Geist ist konzentriert auf Zahlen anstatt auf Atmung, die Ausführung per se und die Muscle-Mind Connection:
Was ist die „Muscle-Mind Connection“?
Und schon wieder eine Bilderbuch-Überleitung. Die Muskel-Geist-Verbindung ist die wohl mächtigste Waffe im Kampf gegen das Eisen. Was ist das, kann man das essen und wenn ja – wie viele? Der ein oder andere hat es schon einmal gehört, gelesen oder hat diese Fähigkeit von Nervensystem, Muskel und Geist bereits beeindruckend trainiert. Denn auch die korrekte und bewusste Ansteuerung bestimmter Muskelareale will gelernt und trainiert werden.
Durch das Training mit überwiegend freien Gewichten und komplexen Übungen verbessern wir unsere Koordination (das Bewegungsgeschick), sowohl innerlich, durch die verbesserte Aktivierung/Rekrutierung von Muskelfasern, als auch äußerlich sichtbar in Technik und Performance, indem das Zusammenspiel von Agonisten, Antagonisten und Synergisten u.a. in Form von tadelloser Technik, Balance und Reaktion ökonomisch generierbar wird.
So auch verhält es sich mit unserer, im Gegensatz dazu, bewussten Geist-Muskel-Verbindung. Ein Beginner, z.B. wird bei Klimmzügen und Ruderübungen nahezu immer primär seine Armbeugermuskulatur, maximal noch die Schultern spüren und hauptsächlich verwenden. Ursachen dafür sind zum einen das noch fehlende Bewegungsgeschick, mit Verlagerung auf helfende Synergisten (Bizeps und co.) und zum anderen das fehlende Bewusstsein die Rückenmuskulatur übungsbezogen einzusetzen.
Durch einen progressiven Zugewinn der Koordination werden die Agonisten zusehends mehr ins Spiel kommen. Ab einem gewissen Punkt aber hält es sich die Waage und das Krafttraining „läuft so vor sich hin“. Man tut es, praktiziert diese oder jene Bewegung, jedoch ohne direkt zu wissen warum und wieso – es soll halt Muskel XYZ trainieren, obwohl man den ja kaum spürt.
Die Muscle-Mind Connection ist m.M.n. das wichtigste woran man direkt in der Übung denken kann und auch sollte um so viele Muskelfasern des target muscle wie möglich einzusetzen, ihn maximal zu aktivieren und höchstmöglicher Spannung sowie daraus resultierender Ermüdung auszusetzen.
Um diese Fähigkeit zu forcieren sollte man zunächst wissen, welche Muskeln in welcher Übung überhaupt hauptsächlich trainiert werden sollen und sich darüber bewusst werden, welcher nun primär belastet werden soll. Hat man dies innerlich geklärt gilt es sich gedanklich nach der Visualisierung der Bewegung in den betreffenden Muskel hineinzuversetzen, zu spüren und zu fühlen wie er arbeitet, in welche Richtung und durch Anspannung welcher Areale er bestmöglich zu arbeiten scheint.
Beim Rudern kann man sich mental in Latissimus und Ellenbogen gleichermaßen versetzen, der Ellenbogen zieht den Arm hinter den Körper und der Lat ist auf höchster Spannung. Bei der Kniebeuge stelle ich mir vor, wie das Knie mit Hilfe des Quadrizeps kraftvoll gestreckt wird. Bei Kickbacks spanne ich den Trizeps in oberster Position voll an, stelle mir vor wie er mit Blut vollgepumpt wird und wächst.
Das alles und noch viel mehr sollte im Fokus bei unterschiedlichen Übungen liegen und zwar in jedem Satz, in jeder Übung und in jeder Trainingseinheit. Desto besser und länger ich so trainiere, umso mehr Kapazität habe ich, um zusätzlich auf andere Dinge wie Tempo und Wiederholungszahl zu achten. Mit anderen Worten: Konzentration auf Übung und Muskel und nicht an völlig belanglose Dinge, Sorgen, Probleme oder den Arbeitsplatz denken. Zu Beginn wird mir die Muscle-Mind Connection nahezu 100 % der Aufmerksamkeit abverlangen, sie voranzutreiben lohnt sich jedoch.
Quellen & Literatur
[1] Sportmedizin: Physiologische Grundlagen Konzentration: Wie wir lernen, wieder ganz bei der...Letzte Aktualisierung am 2024-11-24 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API